Andacht Weihnachten

Der Hirte Lukas 2

Keine Frage: zu Weihnachten gehören die Hirten. Von den Hirten in Bethlehem können wir uns viel abgucken:

  • Sie lassen sich von den Engeln und ihrer guten Botschaft wach machen, statt das Entscheidende zu verschlafen.

  • Sie kommen in Bewegung, statt sich alles einfach nur gleichgültig anzuhören.

  • Sie sammeln sich an der Krippe um Jesus. Der ist jetzt ihre Mitte.

  • Und: Sie tragen das, was sie erlebt haben, in ihre Welt hinaus, sie erzählen es herum.

Aber zu Weihnachten geht es noch um einen anderen Hirten: Das Baby, wenn es groß ist, wird einmal von sich selbst sagen: „ICH bin der gute Hirte!“ Jesus – ein Hirte? Als Zimmermanns-Sohn wird er kaum eine „echte“ Schafherde gehabt haben, das hat er anders gemeint.

Als er dann später, mit ungefähr 30 Jahren, durch das Land zieht, den Menschen von Gott und seinem Reich erzählt und Wunderbares und Gutes tut, da sieht er schon mehr wie ein Hirte aus: Da sind nämlich seine Jüngerinnen und Jünger um ihn wie Schafe um den Hirten, und immer wieder auch viele andere Leute, die ihn hören und sehen wollen.

Ein Hirte kümmert sich nie nur um „die Herde“. Er kümmert sich immer auch um die einzelnen Schafe. Da hat sich ein Schaf verletzt. Ein anderes frisst nicht richtig. Wieder ein anderes hat sich von der Herde entfernt und ist einfach nicht zu finden. Oder Streit und Kampf zwischen den Tieren. Wenn ich die Jesus-Geschichten lese, sehe ich auch da den guten Hirten am Werk: Jesus sieht Zachäus, den Außenseiter, auf dem Baum, spricht ihn an, kehrt bei ihm ein. Obwohl die Leute die Nase rümpfen. Jesus hört den blinden Bartimäus am Wegrand schreien. Jesus ruft ihn her, während alle anderen sagen: Bartimäus soll still sein! Jesus heilt den Aussätzigen, zu dem alle anderen Abstand wahren. Jesus erlöst den Besessenen, diesen Verrückten, den sonst niemand aushält. Jesus spricht mit seinen Jüngern, als sie untereinander streiten.

Und: Jesus setzt sein Leben ein. Er stirbt am Kreuz. Obwohl alle seine „Schafe“, seine Freunde, ihn verlassen oder verleugnen. Jesus – ein wahrhaft guter Hirte.

Und nun das GANZE Ich bin-Wort Jesu für Weihnachten:

Ich bin der gute Hirte. (…) Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir. Und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. Mein Vater, der mir sie gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus des Vaters Hand reißen. Ich und der Vater sind eins. (aus: Johannes 10)

Da sagt Jesus nicht nur, wer ER ist. Nein, Sie bekommen zugleich eine Antwort darauf, wer SIE sind: Das Schaf. Oder: Ein Schaf seiner Herde. Falls Sie sich zu ihm rechnen.

Was tun Schafe? Ich habe letzten Sommer auf dem Deich in Holland beobachtet: Sie fressen, sie schlafen, sie gucken in die Landschaft.

Interessant: Jesus geht es bei der Beschreibung „seiner“ Schafe gar nicht um Fressen, Schlafen, Gucken. Sondern – die Tätigkeitswörter verraten es: Hören und Folgen. Da geht es nicht um die Grundbedürfnisse für’s Über-Leben, sondern um Beziehung: die Beziehung der Schafe zu ihrem Hirten. Jesu Schafe hören auf ihn, sie folgen ihm, sie sind auf ihn hin orientiert. Beim Hören ist es übrigens nicht so wichtig, WAS der Hirte sagt. Wichtiger ist, dass die Schafe die Hirtenstimme unter 1000 anderen Stimmen heraus hören.

Die Stimme des Hirten erkennen, das steckt bei den Schafen nicht in der Muttermilch. Das müssen sie lernen. Am besten von klein auf. Nicht als Einzelunterricht, sondern im ganz selbstverständlichen Herden-Leben, mitten zwischen den anderen.

Das Hören ist die Voraussetzung für’s Folgen. Wenn die Schafe die Stimme nicht gut kennen oder sich nicht dafür interessieren, rennen sie vielleicht dem Falschen hinterher. Dem mit der schönsten Stimme oder den tollsten Worten. Oder sie stehen ohne Hirte da. Schlecht, wenn es da Wölfe gibt. Oder aus den eigenen Reihen Leithammel, die den größten Bock-Mist unter den Schafen anrichten.

Was tun Jesu Schafe? Hören und Folgen. Und Christus? Was tut der gute Hirte? In unserem Zitat ist vom Kennen die Rede, vom Geben und vom Halten:

  • Der Hirte KENNT seine Schafe. Jedes einzelne Schaf.

  • Der Hirte GIBT, nämlich „ewiges Leben“. Vollendung.

  • Der Hirte HÄLT seine Schafe, denn „niemand kann sie aus meiner Hand reißen“.

Passt das Bild noch für Sie? Ist es für Sie ein zumutbares, vielleicht ein schönes Bild, ein Schaf in der Herde dieses Hirten zu sein? Ihre Ohren und Ihre Schritte auf diesen Hirten auszurichten?

Wenn Sie in diesen Tagen irgendwo eine „Krippe“ aufgebaut sehen, dann stehen oder liegen da wohl auch ein paar Schafe um die Krippe mit dem Jesus-Baby herum. Sie sind eingeladen, eines dieser Krippen-Schafe zu sein!

Das Baby in der Krippe hat noch nichts von einem Hirten: keine stattliche Gestalt, keinen Stab, nichts. Aber es hat schon eine laute Stimme. Die können Sie hören. In die Richtung dieser Stimme sind die Schaf-Ohren ausgerichtet. Und zwischen all den anderen, den Menschen und den Tieren, sind Sie am richtigen Platz, nämlich in Hörweite dieser Stimme.

Ich bin der gute Hirte.“ – Vielleicht nehmen Sie das mit von dieser Andacht: Wenn Sie das nächste Mal eine Krippen-Darstellung sehen oder selbst aufbauen, dass Sie sich in einem der Schafe wiederfinden und sich denken: „Hier bin ich am richtigen Platz!“

Gebet:

Christus, wir feiern Deine Geburt. Weihnachten, eine besondere Zeit. Besonders schön – besonders schlimm. Besonders gesellig – besonders einsam. Besonders stressig – besonders öde.

Christus, Du weißt, wie es mir ums Herz ist. Denn Du, mein Hirte, kennst mich. Schenk Du diesem Herzen Freude daran, dass Du da bist! Lass mich durch die vielen Töne und Stimmen hindurch Deine Stimme hören! Nicht nur in diesen Tagen! Amen.