Pechvogel (Andacht für August)

Sirach 11, 10-22a

Vielleicht gehören Sie ja zu der Kategorie „geborener Pechvogel“. Was immer Sie anpacken: Es misslingt. Auf welche Menschen Sie auch treffen: Es sind die Falschen. Wenn Sie an eine Ampel kommen, ist sie garantiert rot, und wenn Ihnen das Butterbrot runter fällt, landet es grundsätzlich mit der Marmeladen-Seite nach unten. Sie haben kein einziges Talent in die Wiege gelegt bekommen, und wenn doch, dann hat es keiner erkannt. Ihre Haare, die Nase und, nun ja, die Figur, all das haben Sie sich auch nicht ausgesucht, jedenfalls nicht so.

Aber das alles wäre ja noch harmlos gegen folgendes Pech:

  • Sie sind darin geübt, grundsätzlich das Negative zu sehen und Bedenken zu entwickeln.
  • Auch die kleinen Unglücke, Missgeschicke und Pannen können Sie richtig tragisch zu nehmen und sich darüber grämen.
  • Sie hadern ausführlich mit sich, mit Ihren Mitmenschen, dem Schicksal, der ungerechten Welt und dem lieben Gott. Nicht oft, sondern immer. Sie verkriechen sich in Groll und Verbitterung.

Also: Wenn Sie so ein „geborener Pechvogel“ sind, dann Vorsicht vor dem Weiterlesen! Sie bekommen es nämlich mit Leuten zu tun, die von Freude erfüllt sind, weil sie richtig tolle Dinge erlebt haben. Ganz außer sich, ganz begeistert sind sie. Und zwar gleich 70 Leute auf einmal.
Diese 70 Leute sind die erweiterte Anhängerschaft Jesu. Jesus hat ihnen etwas zugetraut: Sie sollten paarweise losziehen und in Wort und Tat die Botschaft von Gottes anbrechender Herrschaft unter die Zeitgenossen bringen. Und diese 70 Jesus-Anhänger, sie haben genau das gewagt: Sie haben sich wirklich unter die Leute getraut, richtig in die Öffentlichkeit. Mit Sätzen, die sie vorher nie gesagt hatten. Mit Taten, die sie vorher nie ausprobiert hatten.
So, und nun kommen alle nacheinander wieder zurück. Und wie war’s? Die Erlebnisse sprudeln nur so aus ihnen heraus. Es ist alles super gelaufen!

Die Siebzig aber kehrten mit Freuden zurück und sprachen: Herr, auch die Dämonen sind uns untertan in deinem Namen!

Whow! Wer kann das schon sagen? Dämonen austreiben! Allein schon die eigenen Dämonen im Griff zu haben, ist ja schon ganz schön schwierig, also all das, was mich zum Negativen, zum Zerstörerischen hin zieht: die schlechten Angewohnheiten, das Grübeln, die verkehrten Ideale und das eine oder andere, womit ich mir und anderen Schaden zufüge und auf den Hund bringe.
Und dann hier: Leute, die sogar anderen diesen Sieg, diese Befreiung gebracht haben! Da kann man doch richtig neidisch werden, oder? Und wenn Sie neidisch sind – schwupp, ist da schon gleich wieder der nächste Dämon mit dem Fuß in Ihrer Seelentür, der Neid eben.
Und Jesus? Er teilt die Begeisterung seiner Nachfolger:

(Jesus) sprach aber zu ihnen: Ich schaute den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.

Der Satan stürzt ab. Ein gigantischer Fall. Hinunter vom Himmel. Da hätten wir ihn ja gar nicht erwartet, im Himmel. Aber er ist sowieso meistens nicht da, wo man ihn vermutet, und er kommt  ganz anders daher, als man sich das denkt. Ohne Klumpfuß, ohne Hörner. Dass er nur mit  Sex,  Crime, Suchtmitteln lockt („der Teufel hat den Schnaps gemacht, um uns zu verderben …“), na, das redet er den Leuten ein, damit sie ihn an anderen Punkten gar nicht erst bemerken: Geld-Fixierung, Macht, Ausbeutung, Ansehen, Selbstüberschätzung, Rückzug in die private Gleichgültigkeit, Verantwortungslosigkeit und die Ich-halte-mich-raus-Mentalität. Sie sehen, wohin der Satan gefallen ist: Vom Himmel hinunter direkt in unser Zeitalter.

Aber im Lukas-Evangelium haben die Leute wirklich erstmal Ruhe vor ihm: Erst gegen Ende des Evangeliums taucht der Teufel wieder auf und fährt in Judas Iskariot. Der verrät Jesus dann.
Doch weiter in unserem Text und mit Jesu Worten …

Siehe, ich habe euch die Macht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten, und über die ganze Kraft des Feindes, und nichts soll euch schaden.

Da sagt Jesus im Bild, was die Jünger so eindrücklich erlebt haben, und was wir gerne öfter mal hätten: die Erfahrung, stärker zu sein als das Finstere, was uns bedrängt. Aber dann:

Doch darüber freut euch nicht, dass euch die Geister untertan sind.

Wieso denn nicht? Das ist doch super. So etwas ist doch wie: Sechser im Lotto. Oder ganz groß raus kommen. Oder den Traumpartner kriegen, bei dem ich doch nie eine Chance hatte. Oder der Traum-Job. Oder, oder … – All das, was mir als Pechvogel sowieso nie passiert mit der Marmelade auf dem Fußboden, der Glatze und der krummen Nase.
Wenn das alles denn kein Grund zur Freude wäre, was denn dann?

Freut euch aber, dass eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind! (Alles: Lukas 10, 17-20)

So, und das ist nun wirklich eine gute Nachricht, sogar für Pechvögel! Ich bin bei Gott bekannt, er hat mich notiert, ich bin in Ewigkeit nicht vergessen! Das gilt. Ob ich nun anderen die Dämonen austreibe oder ob mir die eigenen auf der Nase herum tanzen. Ob Sechser im Lotto oder immer nur Nieten. Und auch dann, wenn das Leben bestenfalls ziemlich gewöhnlich ist und schlimmstenfalls wie der Versuch, in einem reißenden Fluß die Unterlippe irgendwie über Wasser zu halten.

Freut euch aber, dass eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind!

Wer’s glaubt, wird nicht erst selig, der ist es schon! Denn das kann Ihnen keiner nehmen. Sie Glückspilz!

Gebet:

Danke, Gott, dass Du mich kennst. Und liebst! Dass ich fest eingeschrieben bin für alle Ewigkeit in Dein Herz! Amen.

Dirk Klute