Licht Jesaja 9
Advent – Ankunft. Wer kommt? Jesus Christus! Und genauer? Dazu ein weiteres der „Ich bin“-Worte aus dem Johannes-Evangelium:
Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben. (Johannes 8, 12)
Licht und Finsternis. Das passt in unseren Dezember: Was die Länge der Nächte angeht, ist es der finsterste Monat. Und was das Licht der Advents- und Weihnachtsdekos, der Weihnachtsbäume und der Silvester-Raketen betrifft, ist es der „erleuchtetste“ Monat.
Wobei: Die künstlichen „Erleuchtungen“ sind sicher nicht mit dem „Licht der Welt“ zu verwechseln. Sie brauchen ja nur die Nachrichten zu gucken, um sich daran zu erinnern, wie finster es in der Welt aussieht – nicht immer und überall, aber oft. Und vielleicht (hoffentlich nicht, aber vielleicht) reicht bei Ihnen ein Blick in die eigene Seele und Ihre Grübeleien, um sich mit „Finsternis“ zu konfrontieren. Oder ein Blick auf Ihre Beziehungen, den Zustand Ihrer Wohnung, das, was Ihren Tag ausfüllt oder eben nicht ausfüllt. Oder der Blick auf Ihre körperliche Verfassung. Oder, oder. Die ganz persönlichen Dunkelheiten. „Licht der Welt“ – Pustekuchen?
„Licht der Welt“ – ein großes Wort! Ob Jesus das tatsächlich damals in Jerusalem so gesagt hat? Als Wort an Jesu Zuhörerschaft am Tempel ist es mir zu weit weg. Ich will es eher verstanden wissen als Botschaft des auferstandenen Christus an Sie und an mich. Ich glaube: „Licht“ kann er mir ganz umfassend nur sein als der, der meinen Tod gestorben ist und den Tod überwunden hat.
Aber was ist nun mit der Finsternis „der Welt“ und den Dunkelheiten in Ihrem Leben? Hat das „Licht der Welt“ da den Mund ein bisschen zu voll genommen? Vielleicht nicht so ganz die Flutlicht-Anlage im Stadion, mehr so ein Glühwürmchen – wenn es hoch kommt?
Aber Halt! Von „Flutlicht-Anlage“ spricht Christus ja gar nicht. Nicht davon, dass die ganze Welt automatisch im Licht erstrahlt. Sondern: Ein Licht für die Welt – bei bestehender Dunkelheit. Kein Scheinwerferlicht also, das alles ausleuchtet und vor dem man nicht fliehen kann.
Licht in der Finsternis – für „die Welt“. Und nicht für einen sowieso schon erleuchteten und erlauchten Kreis. Das ist für Sie wichtig zu wissen, wenn Sie zu denen gehören, die sich irgendwie „unwürdig“ fühlen, in Christi Licht zu treten. Berührungsängste. Kann sein, Sie fühlen sich zu winzig und zu unbedeutend, zu schuldig und zu schlecht, zu negativistisch, zu pessimistisch, zu unleidlich, zu erfolglos, zu schwach und überhaupt ziemlich unmöglich. – Quatsch! Quatsch für Christus! Er ist das „Licht der Welt“, nicht das „Licht der Erleuchteten und Erlauchten“. Und: ER ist das Licht. Es ist nirgendwo davon die Rede, dass SIE eine große Leuchte sein müssen.
„Wer mir nachfolgt, wird nicht wandeln in der Finsternis“. Da haben Sie es glasklar. Die Welt erstrahlt NICHT im Licht, es ist NICHT heller Tag. Aber es gibt eben dieses Licht in der dunklen Welt – das „Licht des Lebens“.
„Wer mir nachfolgt …“, sagt Christus. Ich stelle mir das vor wie bei einer Nachtwanderung. Ich persönlich mag ja Nachtwanderungen ohne jedes Leuchtmittel. Aber hier ist das Bild ein anderes: Einer geht vor. Und dieser eine hat, sagen wir mal, eine Petroleum-Lampe. Die hält er hoch an einem Stab. Er geht vorn, und die anderen, die folgen nach. Es ist und es bleibt Nacht um sie herum. Und trotzdem „wandeln sie nicht in der Finsternis“, sie haben ja das Licht vor der Nase.
Wenn Sie jetzt an dieser Nachtwanderung teilnehmen, was kann da schief gehen?
- Erste Möglichkeit: Sie achten nicht auf das Licht. Vielleicht sind Sie mit etwas ganz anderem beschäftigt, Sie sind abgelenkt. Oder: Die Dunkelheit bannt Ihren Blick, Ihre ganze Konzentration gilt der Nacht.
- Zweite Möglichkeit: Sie sehen zwar das Licht, aber Sie sind nicht bereit, sich zu bewegen. Vielleicht sitzen Sie gerade gut. Jedenfalls soll das Licht Sie dort bescheinen, wo Sie sind und Sie dort lassen, wo Sie sind. Das funktioniert beim Sonnenbaden, aber leider nicht bei einer Nachtwanderung. Da kann man nicht bleiben, wo man ist.
- Dritte Möglichkeit: Die anderen, die, die auch dem Licht folgen, gehen Ihnen auf den Keks, sie stören, nerven, enttäuschen, strengen an. Oder Ihnen ist das generell alles zu nah und zu eng. Also halten Sie Abstand zur Gruppe. Das kann einigermaßen klappen, meistens sieht man das Licht auch von weiter weg noch. Es kann aber auch schief gehen, wenn plötzlich alle hinter einer Biegung verschwunden sind. Dann stehen Sie da. Ohne Licht und ohne Leute.
Advent – Ankunft. Christus kommt. Als das „Licht der Welt“ – und als Ihr Licht. Sie müssen dafür keine Bedingungen, keine Voraussetzungen erfüllen. Er kommt als Ihr Licht. Deswegen ist die Nacht nicht weg, aber Sie stehen trotzdem nicht im Dustern.
Was Ihr Part ist: Auf das Licht sehen. Sich ihm zukehren. Sich an ihm orientieren.
Und konkret?
- Da gibt es die Geschichten und Worte von ihm. Die können Sie lesen.
- Da gibt es Orte und Leute, wo von ihm und mit ihm die Rede ist. Ich spreche von „der“ christlichen Gemeinde, die es in so vielen verschiedenen Spielarten gibt, und wo gerade Sie vielleicht noch fehlen.
- Da gibt es noch die Randfiguren, die Verlierer und Bedürftigen, bei denen von Christus vielleicht kaum die Rede ist, aber von denen er sagt: „Was Ihr einem meiner geringsten Geschwister getan habt, das habt ihr mir getan!“
- Da gibt es das Gebet.
In der Advents- und Weihnachtszeit neu auf Christus sehen. Und nicht nur „sehen“, sondern auch: sich bewegen lassen. Gegen die Erstarrung. Nachfolge. Das wäre in diesen Wochen ein guter Anfang. Denn Christus holt Sie dort ab, wo Sie sind. Aber er lässt Sie glücklicherweise (wahrscheinlich) nicht dort, wo Sie sind.
„Ich bin“, sagt Christus. Und er sagt damit indirekt, wer SIE sind – oder sein könnten: Jemand, der auf ihn schaut. Der ihm folgt. Und der in der Dunkelheit ein Licht sieht.
Gebet:
Christus, sei Du mein Licht! Manchmal wird mir die Dunkelheit übermächtig, und es bleibt kein bisschen Hoffnung. Manchmal lasse ich mich von bunten, grellen Lichtern täuschen und mir etwas vormachen. Manchmal habe ich die Augen fest verschlossen – vor mir selbst, vor der Not in dieser dunklen Welt. Manchmal bin ich so erstarrt. Christus, sei me